Um das Fazit vorwegzunehmen: Das Reisen in Neuseeland ist zwar ein Traum, das Reisen nach Neuseeland aber doch eher ein Alptraum. Da wir schon zwei Australienreisen hinter uns hatten, war uns das Problem durchaus bewusst. Bei dieser Tour hatten wir aber wie immer zu wenig Zeit, haben den Economy-Flug in einem Stück (Düsseldorf-Frankfurt–Singapur-Sydney-Auckland) absolviert und waren so insgesamt 36 Stunden unterwegs. Nie mehr! Asiatische Hotels haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Wir hatten dreieinhalb Wochen im Januar/Februar, also im neuseeländischen Hochsommer zur Verfügung und waren mit einem Mietwagen unterwegs. Die Hotels hatten wir bereits von Deutschland aus gebucht. Unsere Route: Auckland - Bay of Islands - Coromandel Halbinsel – Rotorua – Napier – Wellington – Picton – Punakaiki - Franz Josef – Queenstown - Te Anau – Dunedin – Christchurch - Sydney.
Wir kamen am frühen Abend (MEZ 8 Uhr morgens) im Hotel in Auckland an und fielen nur noch in die Betten. Nach zwölf Stunden Schlaf am nächsten Morgen hatten wir uns schon fast an die neue Zeit gewöhnt. Die erste Attraktion lag direkt vor unserer Nase: Der Skytower, der unmittelbar aus dem Basement im Skycitycenter, in dem auch unser Hotel lag, erreicht werden konnte. Es gab einen Aufzug mit einem teilweise verglasten Boden, der die uns in die Höhe katapultierte. Aus 328 Metern Höhe hatte man einen prächtigen Blick über das sommerliche Auckland und seine wunderschönen Buchten. An dieser Stelle der Nordinsel ist Neuseeland nur elf Kilometer breit, so dass Auckland sowohl am Pazifik als auch an der Tasmanischen See liegt. Auckland ist mit rund 1,4 Millionen Einwohnern die mit Abstand größte Stadt Neuseelands. Nachdem wir uns auf diese Weise einen Überblick verschafft hatten, wurde der nächste Hop-on-hop-off-Bus geentert, der uns zum Hafen brachte, wo Tickets für die Hafenrundfahrt am Nachmittag gekauft wurden, bevor wir die Runde mit dem Bus fortsetzten. Auckland ist eine nette Stadt mit vielen grünen und blauen Farbanteilen wegen der Meere und der Parks. Außerdem soll es die Stadt mit dem höchsten Boot-Pro-Kopf-Anteil der Welt sein, was man gerne glaubt, wenn man die diversen Häfen sieht. Ganz große Highlights bietet die Stadt jedoch nicht und so fuhren wir ohne auszusteigen am Rosengarten und dem War Memorial Museum vorbei. Am Ende der Runde waren wir wieder am Hafen angekommen, wo wir nach einem Spaziergang das Boot bestiegen. Vom Wasser her ist Auckland am schönsten und ähnelt mit seiner Harbourbridge ein klein wenig der großen Schwester Sydney. Es war ausgesprochen windig und so unterschätzten wir die Sonne ganz gewaltig, ein Fehler, den man in den ersten Tagen auf dem fünften Kontinent immer wieder macht, auch wenn man entsprechend vorgewarnt ist.
Am nächsten Morgen stand das Auto bereit. Das Wetter war eher trüb. Unsere Route führte uns zunächst nach Norden zur Bay of Islands. Erste Einkäufe in einem Laden der Supermarktkette 4 Four Square (die große Kette der Nordinsel) führten zur Erkenntnis, dass Lebensmittel in Neuseeland extrem teuer sind, was allerdings unter anderem auch an dem zum Reisezeitpunkt schlechten Wechselkurs lag. Allerdings ist und bleibt es unverständlich, wieso etwa neuseeländische Äpfel in Deutschland weniger kosten als in Neuseeland. Einige Kilometer weiter wartete das erste touristische Highlight des Tages: Die Glühwürmchenhöhle in Kawiti. Glücklicherweise startete die Führung unmittelbar im Anschluss an unsere Ankunft und so musste nur noch der hohe Eintrittspreis entrichtet werden, bevor es losgehen konnte. An diesem Tag beschlossen wir, die unerwartet hohen Nebenkosten dieser Reise zu verdrängen, um uns nicht den Urlaub zu verderben. Ist man aber noch im Planungsstadium, ist dieser Punkt vielleicht interessant. Die Glühwürmchen waren jeden Dollar wert, den wir für sie bezahlt hatten. Sie hingen wie Millionen kleiner LED-Lichter von der Höhlendecke herab. Leider durften wir sie nicht durch Fotografieren oder Filmen in ihrer Ruhe stören. Zurück zum Auto lief man durch einen Regenwaldpfad. Schön war es. Weiter ging die Fahrt bis Paihia, dem Ziel des Tages. Der Ort liegt traumhaft schön an der Bay of Islands. Wir hatten zwei Nächte vorgebucht und überlegten nun, wie wir den nächsten Tag gestalten sollten.
Es gab unheimlich viele Optionen. Mit Bedauern, aber durchaus schnell wurde der Plan verworfen, eine Elfstundentour bis zur Nordspitze der nördlichen Insel zu unternehmen. Auch die Bootstour durch die Bay stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung. Schließlich beschlossen wir, dem größten Tauri-Baum der Umgebung einen Besuch abzustatten.
Am nächsten Morgen hatten wir zunächst Historisches auf dem Tagesprogramm. Das älteste Steinhaus Neuseelands in Kerikeri erwies sich jedoch allenfalls als ganz nett. Da hatte man in Europa schon ältere und lohnendere Häuser gesehen. Hinter Kerikeri gerieten wir auf eine auf der Karte weiß eingezeichnete, teilweise unbefestigte und ziemlich enge Straße mit wunderschönen Ausblicken. Andere Autos kamen uns glücklicherweise nur ganz selten entgegen, allerdings versperrte eine ziemlich große Kälberherde eine ganze Zeitlang den Weg. Der Riesenbaum Tane Mahuta war zwar beeindruckend, aber rückblickend war die Tour dorthin lohnender als der Baum selbst.
Der Rückweg wurde nach einer kurzen Fahrt mit einer Fähre in Russell unterbrochen. Der Ort hatte im 19. Jahrhundert noch den Beinamen „Hölle des Pazifiks“. Davon war nichts mehr zu bemerken. Es handelte sich um ein hübsches Städtchen am Wasser mit freundlichen, weißen Holzhäusern. Der strahlende Sonnenschein tat ein übriges, um Russell eher paradiesisch wirken zu lassen. Leider kamen wir an diesem Abend zu spät zurück, um noch Einlass im unmittelbar neben dem Hotel gelegenen Maorizentrum zu erhalten, wo 1840 der für Neuseeland bedeutende Vertrag von Waitangi zwischen Maori und weißen Siedlern unterzeichnet worden war.
Leider schafften wir das auch am nächsten Tag nicht, weil eine sehr lange Etappe eingeplant war. Zunächst fuhren wir den altbekannten Weg zurück bis Auckland. Dann ging es weiter an Auckland vorbei Richtung Südosten zur Coromandel-Halbinsel. Wir beschlossen trotz der ohnehin schon langen Strecke, noch einen Umweg über Coromandel Town zu machen. Während Coromandel Town sich als langweiliges und verschlafenes Nest entpuppte, war die Fahrt dorthin, die an einer Küstenstraße entlang führte, wunderschön und der Umweg daher ausgesprochen lohnend. Aber nach neun Stunden Fahrt waren alle froh, als das Ziel des Tages, das Örtchen Pauanui auftauchte, ein schön gelegenes Städtchen mit nur einem Hotel. Neuseeland hat so viele schöne Strände und Küsten, aber nur sehr wenig Einwohner und Touristen. Auf der gesamten Reise, die uns während des Hochsommers von einem Hotspot zum nächsten führte, haben wir nie in irgendwelchen Schlangen gestanden. Im Gegenteil, manchmal – wie zum Beispiel in Pauanui – hatten wir Mühe, überhaupt ein offenes Restaurant zu finden.
Wir freuten uns sehr auf das nächste Etappenziel Rotorua. Wir waren am Vormittag rund drei Stunden bis dahin unterwegs. Die Strecke war relativ langweilig. An grünen Hügeln mit Schafen hatte man sich mittlerweile einigermaßen sattgesehen. In Rotorua wurden die Zimmer mit Seeblick bezogen und das Wasser zunächst einmal auf Entfernung bestaunt. Der See hebt und senkt sich innerhalb kurzer Zeit um mehrere Zentimeter, was an dem auf dem Grund des Sees liegenden atmenden Maori-Riesen liegt, wie wir erfuhren. Nach einem kurzen Spaziergang zur Touristeninformation und dem Durchblättern von zwanzig Prospekten war klar, dass wir keinesfalls alle Attraktionen in und um Rotorua sehen konnten. Also begannen wir wieder einmal damit, uns einen Überblick zu verschaffen und fuhren mit einer Seilbahn auf den knapp 800 Meter hohen Mount Ngongotaha. Die Gondel brachte uns wieder nach unten zum Rainbow Springs Kiwi Wildlife Park. Um es kurz zu machen: Es gab überwiegend Enten und heimische Vögel, die nicht sonderlich spektakulär auf irgendwelchen Ästen hockten. Zum Schluss kam aber das Kiwi-Haus, wo wir endlich auf das Nationaltier stoßen sollten. Da Kiwis äußerst empfindliche und nervöse nachtaktive Tiere sind, wurde man angewiesen, das Kiwi-Haus vorsichtig zu betreten. Man durfte darin im Dunkeln nur noch flüstern und natürlich keinesfalls fotografieren oder filmen. Aber es lohnte sich. Ein paar Kiwis, denen man durch die funzelige Beleuchtung vorspielte, es sei Nacht, staksten unbeholfen durch einen Käfig. Es sollten die einzig lebenden Kiwis bleiben, die wir auf dieser Reise erspähten. In Andenkenläden gibt es sie allerdings millionenfach in allen erdenklichen Variationen. Der nächste Programmpunkt war Hell’s Gate, wo es bestialisch nach Schwefel stank. Rund um Rotorua ist Mittelerde äußerst aktiv. Es gibt jede Menge Geysire, Vulkane und natürliche Heißwasserpools. Das Ganze war schon äußerst beeindruckend. Überall zischte, dampfte und blubberte es. Trotzdem war man froh, als der Rundgang beendet war. Der Gestank nach faulen Eiern war von Minute zu Minute schwerer zu ertragen. Für den nächsten Tag hatten wir uns viel vorgenommen und waren daher wieder früh auf den Beinen. Als erstes standen die Geothermen von Whakarewarewa auf dem Programm. Sie hatten gegenüber dem Hell’s Gate den nicht zu unterschätzenden Vorteil der Geruchlosigkeit. Das Wetter war schon wieder ein Traum. Strahlend blauer Himmel über den Geysiren. Dazwischen gab es Maori-Kunst, die auch im angrenzenden Souvenirshop angeboten wurde. Zweiter Halt war an diesem Tag das Buried Village. Es handelt sich um ein Museumsdorf. Ursprünglich war es der Ort Te Wairoa, der aber 1886 beim Ausbruch des Vulkans Tarawera verschüttet wurde. Mitten in den überwucherten Resten des Dorfs filmte ein koreanisches TV-Team tanzende Maoris. Nachdem wir zweimal daran vorübergefahren waren, gelang es beim dritten Anlauf, einen schlecht ausgeschilderten Ausguck zu finden, von dem aus man die gleichzeitige Sicht auf einen blauen und einen grünen See hat. Allein für diesen Ort mussten die Panoramafotos einfach erfunden werden.
Dann wurde es auch schon Zeit, zum Hotel zurückzufahren, um zur Bootsanlegestelle zu laufen. Um 14 Uhr ging der Raddampfer, auf dem Maoris tanzten und sangen, möglicherweise, um den im See schlafenden Riesen zu besänftigen.
Via Lake Taupu, dem größten See des Landes, ging die Fahrt am nächsten Tag nach Napier, einer Stadt am Pazifik. Napier wurde 1931 bei einem Erdbeben stark zerstört und dem Zeitgeist entsprechend wieder aufgebaut. Herausgekommen dabei ist eine Artdeco-Stadt in Reinkultur, die auf der Erde ihresgleichen sucht. Wir unternahmen einen langen Spaziergang durch die Artdeco-Kulisse bei weiterhin prächtigem Wetter.
Und wieder ging es bereits gegen halb neun los, weil Neuseelands Hauptstadt Wellington winkte. Die Straße zwischen Napier und Wellington führt weitgehend an Wiesen und Weiden und mindestens einer Million Schafe vorbei. Gelegentlich schauten auch Kuhherden den Autos nach. Dann und wann sah man eine Farm, die sich der Hirschzucht widmete. Der Reiseführer überschlug sich fast vor Begeisterung über den Marine Drive am Rand von Wellington und pries ihn als eine der schönsten Straßen Neuseelands an. Natürlich wollten wir uns diese Attraktion nicht entgehen lassen, brachen aber die Fahrt enttäuscht nach etwa der halben Strecke ab. Ganz nett, aber da hatten wir auf dieser Reise schon deutlich schönere Straßen gesehen. Unser Hotel lag sehr zentral zwischen Hafen und Parlament. Das war ein guter Ausgangspunkt für einen langen Spaziergang erst zum Hafen und dann zur Talstation der Cable Car, mit der wir hoch zum Botanischen Garten fuhren, wo wir einen wunderschönen Blick über Wellington genossen. Anschließend schauten wir uns noch von außen das Parlament an, das von den Neuseeländern Bienenkorb genannt wird, weil es von der Form stark daran erinnert. Den letzten Abend auf der Nordinsel verbrachten wir an der sehr schönen Wellingtoner Waterfront. Unter dem mittlerweile schon gewohnt strahlend blauen Himmel liefen wir am nächsten Morgen am Hafen entlang bis zum Museum of New Zealand – Te Papa Tongarewa. Das Museum erwies sich als bunte Wundertüte und bot für jeden irgendetwas. Es gab einen Erdbebensimulator, diverse naturhistorische Skelette, die riesige Karte Neuseelands, über die man laufen konnte, den Vertrag von Waitangi zwischen den Siedlern und den Maori, diverse Kanus und geschnitzte Maori-Versammlungshäuser und ein riesiges Walherz in Originalgröße Am Fährhafen gaben wir das Auto ab. Auf der Südinsel sollten wir ein anderes bekommen. Die Überfahrt zur Südinsel wird als eine der schönsten Fährstrecken der Welt gerühmt, und das ist sie auch wirklich, besonders wenn das Schiff in den Marlborough Sound einbiegt und das letzte Stück bis Picton fährt. Vier Stunden dauert die Fahrt mit dem Interislander insgesamt und man möchte keine Minute früher ankommen, besonders dann nicht, wenn der für Neuseeland durchaus nicht übliche strahlende Sonnenschein den knallblauen Himmel erleuchtet, der mit Pazifik und tasmanischer See um das blaueste Blau wetteifert. Dann müssen sich die Augen gelegentlich im satten Grün der bewaldeten Hügel ausruhen. Neuseeland soll sehr regenreich sein. Wir können glücklicherweise den Wahrheitsgehalt dieser Aussage nicht beurteilen.
In Picton, dem hübschen kleinen Fährhafen am Ende eines Fjordes auf der Südinsel, bekamen wir unser neues Fahrzeug. Unser Hotel, das wir für zwei Nächte gebucht hatten, lag direkt am Hafen. Die Fahrt durch den Marlborough Sound mit dem Fährschiff hatte uns so gut gefallen, dass wir eine weitere Bootstour machten. Die Sonne gab wieder einmal alles, um uns Neuseeland von seiner schönsten Seite zu präsentieren. Das Boot war für maximal 150 Menschen ausgelegt. Da sich nur zwölf an Bord befanden, gab es für jeden nur die besten Plätze. Das Land ist touristisch noch erfreulich unentdeckt. Wenn man es einmal bereist hat, versteht man das nicht, von seiner abgelegenen Position auf dem Globus einmal abgesehen. Die Schiffstour war wunderschön. Im Gegensatz zum großen Interislander konnte das Boot auch kleine Buchten anlaufen, wo Fische gefüttert und Vögel beobachtet wurden. Ansonsten gab es wieder eine Farbsymphonie in blau und grün.
Am nächsten Tag sollte der Weg das Ziel werden. Wir starteten wie üblich früh, weil der Routenplaner auch ohne Umwege schon von knapp fünf Stunden ausgegangen war. Umwege waren aber durchaus geplant. Überall in Neuseeland liegen übrigens Jasons Touring Maps kostenlos aus und die sind noch nicht einmal schlecht. Mit ihrer Hilfe fuhren wir in den Abel Tasman Nationalpark, obwohl der nicht direkt an unserer Route lag. Dieser Umweg erwies sich als ausgesprochen lohnend. An einer besonders schönen Stelle direkt am Wasser beobachteten wir bei einem improvisierten Picknick einen Kitesurfer, der sich wahrscheinlich über das Publikum an dieser besonders abgelegenen Stelle wunderte. Die Fahrt war sehr lang an diesem Tag. Insgesamt waren wir neuneinhalb Stunden unterwegs. Aber die Landschaft war so abwechslungsreich, dass optisch keine Langeweile aufkam. Anders war es mit der Akustik. Radiosender gab es kaum und besonders in den Bergen war der Empfang eher dürftig. Man tut gut daran, bei entsprechendem Bedarf eigene Musik mitzubringen.
Gegen Ende der Tagestour wurde die Landschaft aber so grandios, dass wir akustische Unzulänglichkeiten ausblenden und uns ganz den Steilküsten im tief stehenden Sonnenlicht zuwenden konnten. Unser Hotel in Punakaiki lag direkt am Meer und erwies sich als optimal in jeder Beziehung, bis auf eine. Hier leben die unangenehmsten Tiere, die ich kenne, die Sandflies. Es handelt sich um kleine mückenartige Biester, die in Scharen auftreten und extrem juckende Stiche oder Bisse hinterlassen. In Neuseeland werden alle möglichen Tinkturen angeboten, die vorher oder nachher helfen sollen, aber leider bleibt man nur verschont, wenn man die Gegend verlässt. Schon Captain Cook bezeichnete sie als "the most mischievous animals". Im Rückblick sollte der kommende Tag der landschaftlich spektakulärste der Reise werden. Nur ein paar Kilometer neben dem Hotel liegen die zu Recht berühmten Pancake Rocks. Sie stellten die erste Etappe des Tages dar. Die Kameras liefen heiß. Überall taten sich neue, spektakuläre Panoramen auf. Diese Ecke der Welt kann es durchaus zum Beispiel mit der Great Ocean Road im benachbarten Australien aufnehmen.
Weiter ging es zunächst am Meer entlang. Da das Ziel der Franz Josef Gletscher sein sollte, erwarteten wir, dass sich irgendwann die Straße ins Hochgebirge schrauben würde, aber das war nicht der Fall. Das Örtchen Franz Josef, das gegen Mittag erreicht wurde, liegt im Tal. Es besteht praktisch ausschließlich aus Hotels, Bars, Cafés, Andenkenläden und Unternehmen, die Gletscherführungen zu Fuß oder per Hubschrauber anbieten. Bewaffnet mit einer Karte der Umgebung fuhren wir mit dem Auto in die Nähe des Gletschers und liefen dann an seinen Fuß. Und wieder einmal stand die Sonne über einem tiefblauen Himmel und ließ den Gletscher förmlich leuchten. Allerdings war die Hitze groß und der Weg durch das Geröll bot keinerlei Schatten. Aber wer wollte sich an diesem Tag schon über zu gutes Wetter beklagen? Nach einer kurzen Pause wurde der nächste Gletscher angepeilt, der Fox Glacier, der vielleicht zwanzig Kilometer entfernt lag. Hier konnte man mit entsprechender Kondition ganz bis zum Gletscher vordringen und neben dem Eis noch ein Stück laufen. An dieser Stelle der Reise wurden uns die Unterschiede zwischen Nord- und Südinsel sehr bewusst. Während die Nordinsel wunderschöne lange subtropische Strände hat und ansonsten eine sanfte grüne Hügellandschaft aufweist, kann man sich die Südinsel wie eine Mischung aus Norwegen und der Schweiz mit Fjorden, hohen Bergen und Klippen vorstellen. Beides zusammen bildet die perfekte Urlaubskulisse, jedenfalls, wenn das Wetter so mitspielt wie auf unserer Reise, was wohl leider nicht die Norm ist.
Das Ziel der nächsten Tagesetappe sollte Queenstown sein, ein Ort für jugendliche Extrem-Aktivurlauber, in dem neben Bungeejumping auch Jetbootfahrten, Kiting, Paragliding und Ähnliches angeboten wird. Die Strecke war unglaublich vielseitig und viele Vergleiche wurden gezogen. Das reichte von den Rocky Mountains über Kanada, Schweizer Bergseen bis zum schottischen Hochland und norwegischen Fjorden. Unterwegs besuchten wir Arrowtown, eine alte Goldgräberstadt, die man wieder sehr pittoresk im alten Stil aufgebaut hat. Auch Queenstown gefiel uns mit seinen netten, aber zum Teil sehr steilen Straßen in der Nähe des Sees, seinen vielen Läden und Kneipen.
Der Weg nach Te Anau war mit zweieinhalb Stunden so kurz, dass wir beschlossen, den Vormittag wenigstens noch teilweise in Queenstown zu verbringen. Trotzdem blieb am Nachmittag noch Zeit für eine Tour über den Lake Te Anau zu einer weiteren Glühwürmchenhöhle. Die Bootstour über den See an diesem Nachmittag selbstverständlich bei strahlend schönem Wetter riss niemanden mehr vom Hocker. Wie war es nur möglich, sich innerhalb von knapp zwei Wochen an dieses Landschaftsschönheitslevel so gewöhnt zu haben? Die Tour durch die Glühwürmchenhöhle war allerdings immer noch etwas ganz Besonderes. Der Eingang der Höhle war nur etwa einen Meter hoch. Man musste also für ein paar Meter ganz schön den Kopf einziehen und in die Knie gehen. Dann befand man sich allerdings in einem Raum, der nicht zu Unrecht „die Kathedrale“ genannt wurde. Es gab einen krassen unterirdischen Wasserfall und dann stiegen wir in ein Boot, das uns zu den an der Decke hängenden Glühwürmchen brachte.
Am nächsten Morgen war ein weiteres Highlight der Reise geplant, eine Bootstour durch den Milford Sound. Die Ticketverkäuferin hatte die Fahrstrecke nach Milford mit zwei Stunden angegeben. Danach sollte es noch einen Fußweg von einer Viertelstunde geben und sie hatte dringend empfohlen, bereits auf dem Hinweg bei den Mirror Lakes anzuhalten, da die Spiegelwirkung in diesen Seen am frühen Morgen am schönsten sei. Auf den 120 Kilometern bis zum Sound trafen wir auf alle Touristen, die wir im übrigen Neuseeland bereits beinahe vermisst hatten. Erster Aussichtspunkt waren die Mirror Lakes, die ihrem Namen wirklich Ehre machten. Weiter ging es auf der wunderschönen Straße durch das Hochgebirge und dann hin zum 1200 Meter langen einspurigen Homer-Tunnel, der eine zehnprozentige Steigung aufweist. Der Verkehr wird mit einer Art Baustellenampel geregelt. Es gibt keinerlei Fluchtwege und plötzlich wird man sich als Europäer bewusst, dass EU-Normen gelegentlich auch ihre Berechtigung haben.
Milford ist leider auch die Heimat der Sandflies. Noch im Auto sprühten wir uns mit einem dichten Nebel Antibrumm ein, um darauf armwedelnd schnellstmöglich die Strecke zwischen Parkplatz und Sound zu durchqueren. Glücklicherweise blieben die Sandflies an Land und so hatten wir eine ungetrübte Fahrt durch den Milford Sound. Es ist schwierig nach den landschaftlichen Höhepunkten der vergangenen Tage noch den superlativsten Superlativ oben drauf zu setzen, aber etwas anderes bleibt nicht übrig, wenn man an den Milford Sound denkt. An diesem Tag waren ins tiefe Blau des Himmels ein paar Wölkchen hingetupft, die sich spielerisch um die Berge ringelten. Am Ufer lagen Robben und es saßen Kormorane auf den Felsen. Selbst die unentwegt zu ihren Rundflügen startenden Kleinflugzeuge störten den Frieden kaum. Auf dem Rückweg nach Te Anau stoppten wir zunächst an einem Wasserfall namens Chasm und machten einen Spaziergang zum Lake Mistletoe. Im Wald zirpten Millionen von Grillen.
Weiter ging es am nächsten Tag in Richtung Dunedin, von dem bis zum Schluss niemand von uns so recht wusste, wie die korrekte Aussprache lautete. Die Fahrt ging durch eine schöne, hügelige, unspektakuläre Landschaft, bevölkert durch ausgesprochen viele Schafe, die an die Nordinsel erinnerte. Alle paar hundert Meter tauchte eine Farm oder irgendein Haus auf. Wir luden im Hotel nur kurz das Gepäck aus und machten uns dann auf, um die Albatrosse auf der nahe gelegenen Otago-Halbinsel kennenzulernen. Die hundertste wunderschöne Straße dieser Reise führt an der Küste der Halbinsel entlang, an deren Ende sich das Royal Albatross Centre befindet. Es handelt sich um eine der ganz wenigen Albatross-Brutkolonien auf der ganzen Erde. Nach einer Filmvorführung konnte man ein Albatross-Modell bestaunen, dessen Flügelspannweite beängstigend war. Im Anschluss daran wurde die Gruppe einen steilen Hügel hinauf geführt zu einer Beobachtungsstation, in der man hinter Glas drei oder vier brütende Albatrosse betrachten konnte, die naturgemäß nicht allzu sehr in Bewegung waren. Erst als ein Ranger sich um eines der Küken kümmerte und mit ins Bild kam, hatte man einen Größenanhaltspunkt. Albatrosse sehen aus wie völlig überdimensionierte Möwen. Nach einer Viertelstunde, in der wir auf die bewegungslos brütenden Riesenvögel gestarrt hatten, hatten wir auch noch das Glück, zwei Albatrosse zu sehen, die ihre Kreise über dem Brutgebiet zogen. Der abendliche Spaziergang durch Dunedin, die viertgrößte Stadt Neuseelands, führte uns zu einem großen Platz namens Octagon.
Nach der tropischen Nacht regnete es doch tatsächlich an diesem Tag. Allerdings war diese letzte Pkw-Etappe sowieso nicht sonderlich spektakulär. Der Weg führte in der Nähe der Küste durch flaches Land, das für neuseeländische Verhältnisse dicht besiedelt war und Ansätze von Industrie zeigte. So machte das schlechte Wetter nicht viel aus. Der erste Eindruck von Christchurch war eine Ansammlung von unschönen Industriegebieten. Nach einem Stopp im Hotel liefen wir los, um die Innenstadt zu erkunden und landeten vor einem Bauzaun. Natürlich war uns bekannt gewesen, dass Christchurch bei den beiden Erdbeben 2010 und 2011 leider ordentlich etwas abbekommen hatte, aber wir hatten angenommen, dass vieles im Jahr 2013, dem Zeitpunkt unserer Reise, schon wieder aufgebaut sei. Ein Bauzaun folgte auf den nächsten, bis wir einsehen mussten, dass die Innenstadt komplett abgesperrt war. Durch die Zäune sah man zerstörte Häuser, zusammengebrochene Kirchen, Bagger, Trümmer und viele freie Flächen der „Red Zone“. Und während wir durch die Straßen liefen gab es ein neues kleineres Erdbeben der Stärke 3,8. Inzwischen ist die Innenstadt wohl wieder zugänglich.
Christchurch muss einmal eine sehr schöne Stadt gewesen sein. An manchen Stellen kann man das noch erahnen. Im Januar 2013 war es ein bemitleidenswerter Trümmerhaufen. So waren wir froh, am nächsten Tag wieder aus Christchurch herauszukommen. Wir hatten bereits von Deutschland aus eine Fahrt im Panoramawagen des Tranz Alpine Express nach Greymouth und zurück gebucht. Das Wetter hatte sich wieder besonnen und zum für diese Reise üblichen strahlenden Sonnenschein zurückgefunden. Die Strecke von Christchurch nach Greymouth führt über Arthurs Pass, der 737 Meter hoch liegt. Sie gilt als eine der sechs schönsten Eisenbahnrouten der Welt und entsprechend hoch waren auch unsere Erwartungen. Der vierstündige Hinweg war dann auch wunderschön, wenn auch nicht ganz so beeindruckend wie in den Prospekten beschrieben. Es lag ganz sicher daran, dass die wir in den letzten Wochen schon mit dem Auto jede Menge ähnlich spektakuläre Strecken gefahren waren, Nationalparks, Gletscher und Berggipfel im Überfluss genossen hatten und mittlerweile, was neuseeländisch-alpine Schönheit anbelangte, schon etwas verwöhnt und abgestumpft waren.
In Greymouth hatte der Zug eine Stunde Aufenthalt, die kurz vor Ende unseres Reise noch einmal der Souvenirjagd diente. Der Rückweg mit dem Zug zog sich dann ganz erheblich in die Länge. Auch Besuche im offenen Panoramawagen und im Speisewagen brachten wenig Abwechslung. Kurz: Eine Strecke wäre optimal gewesen, die Hin- und Rückfahrt war einfach zu lang. Am Abreisetag freuten wir uns zwar auf Sydney, waren aber auch traurig, Neuseeland zu verlassen, weil es da von den Sandflies und dem armen, geschundenen Christchurch mal abgesehen, allen richtig gut gefallen hatte. Wir machten auf dem Weg zum Flughafen einen letzten Halt im Containerdorf Restart.
Neuseeland – das waren in knapp drei Wochen 4000 Kilometer Strecke (ja, es gibt in diesem Land so viele Straßen), 2000 Fotos, eine Million Schafe, gut vier Stunden Rohmaterial Film, zwei Kiwis (lebend) und unzählige Kiwis in Souvenirform, ein Erdbeben und ziemlich viel Natur.
Nach dem Einchecken in unserem Hotel in der Nähe des Hafens strebten wir unverzüglich zum Circular Quai, um die Bekanntschaft mit Oper und Harbourbridge so schnell es ging zu erneuern. Beide Bauwerke zeigten sich in der Abendsonne von ihren Schokoladenseiten. Und daher liefen die Kameras wieder heiß. Das Eisbüdchen am Hafen namens Gelatissimo war allen vom letzten Besuch her noch bestens in Erinnerung. Die Qualität war immer noch gleichbleibend hoch.
Am nächsten Morgen versorgten wir uns in einem der vielen Foodcourts und frühstückten danach in aller Ruhe, während Sydney am Hop-on-hop-off-Bus vorüberglitt – bei strahlendem Sonnenschein selbstverständlich.
An der Central Station wechselten wir den Bus, um zunächst die Tour zum Bondi Beach zu machen. Wir liefen ein paar Meter durch den Pazifik und bedauerten, dass der Aufenthalt in Sydney wieder einmal so kurz war, dass ein paar Stunden am Strand nicht drin waren. Die nächste Hop-on-Gelegenheit ließ nicht lange auf sich warten und brachte uns wieder zur Central Station, wo erneut das Fahrzeug gewechselt wurde. Am Darling Harbour stiegen wir aus. Für mich ist dieser kleine Hafen neben dem Circular Quai eine der schönsten Ecken in Sydney. Ein paar Blocks entfernt befindet sich der Fernsehturm. Der Blick war genauso grandios, wie ihn alle in Erinnerung hatten. Am nächsten Morgen beschlossen wir, mit der Fähre zum Zoo überzusetzen. Das war ein ausgezeichneter Plan. Durch die Fahrt mit der Fähre sparten wir uns eine wesentlich teurere Hafenrundfahrt und hatten dennoch den gleichen Superblick auf Oper, Skyline und Harbourbridge. Auf der gegenüberliegenden Seite erwartete uns eine Seilbahn, die über Elefantengehege und Affenfelsen schwebte und uns an das obere Ende des sehr steilen Zoos brachte. Der Tierpark in Sydney ist der am schönsten gelegene Zoo der Welt, den ich kenne. Kein anderer bietet auch nur annähernd so viel Panorama auf die Skyline mit Oper und Harbourbridge zwischen Erdmännchen und Giraffen. Aber natürlich gibt es auch reichlich heimische Tiere wie Koalas, Kängurus und den tasmanischen Teufel. Auch nachmittags hatte niemand etwas dagegen, sich wieder aufs Wasser zu begeben. Wir nahmen eine Fähre nach Manly, einem netten Vorort mit einem der vielen schönen Strände Sydneys. Das war außer einem Spaziergang durch das alte Viertel „The Rocks“ mit seinen Boutiquen und Flohmärkten dann auch leider der letzte Programmpunkt dieser wunderschönen Reise.
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