Diese wirklich grandiose Reise bestand aus 28 Tagen in 18 Hotels, 4500 Kilometern mit Mietwagen, 8 Flügen und 3 verschiedenen Zeitzonen, ist also nicht gerade Erholung pur. Die Route: Las Vegas – Bryce Canyon – Lake Powell – Monument Valley – Grand Canyon – Las Vegas – Death Valley – Sequoia – Yosemite – San Francisco – Vancouver – San Francisco – Highway 1 (Monterey – Santa Barbara) – Los Angeles – Anaheim – San Diego – Mount Rushmore – Chicago. Wir haben die Reise selbst geplant und mit Hilfe eines Reisebüros die einzelnen Flüge, Mietwagen und Hotels gebucht. Es gab einfach keine Pauschalreise, die all das geboten hätte, was wir uns gewünscht haben. Rückblickend hat auch alles gut geklappt. Bei der Planung stellte sich allerdings heraus, dass das eine oder andere Hotel schon ein halbes Jahr vor der Reise ausgebucht war, was insbesondere für die Unterkünfte in den Nationalparks galt, aber es gab doch immer irgendeine Alternative. Wir waren im Juni 2014 unterwegs.
Nach einem Zwischenstopp in Chicago landeten wir gegen Abend Ortszeit (für uns gefühlt am frühen Morgen) in Las Vegas und beschlossen, jegliches Sightseeing auf den nächsten Tag zu verschieben. Um es vorwegzunehmen, uns hat ein Tag in Vegas absolut gereicht. Wenn man weder heiraten noch feiern oder im großen Stil spielen will, gibt es interessantere Plätze auf dieser Erde. Las Vegas ist eine eher langweilige Millionenstadt mitten in der Wüste von Nevada mit einer einzigen faszinierenden Straße, dem Las Vegas Boulevard, dem Strip. An dieser Straße liegen die meisten berühmten Hotels, das Bellagio, Ceasars Palace, das Venetian, das New York und viele mehr. Es handelt sich um riesige, meist luxuriöse Kästen, in denen ein bestimmtes Thema – zum Beispiel Venedig – architektonisch konsequent umgesetzt wurde. Ich nehme an, wenn US-Bürger ins italienische Venedig kommen, sind sie eher enttäuscht. Sie hatten es durch ihren Vegas-Aufenthalt prächtiger in Erinnerung.
Alle diese Hotels haben eins gemeinsam: Neben der Lobby befindet sich ein gigantisches Casino. Reihen um Reihen von Spielautomaten wechseln sich mit Roulette-, Blackjack- und weiß der Teufel welchen anderen Spieltischen ab. An jedem sitzt ein Croupier und an den meisten auch einige Spieler. Selbst morgens zur Frühstückszeit sind die ersten Tische schon besetzt und die Automaten in Aktion – oder vielleicht immer noch?
Die Hotelpreise halten sich in Las Vegas in Grenzen. Das riesige Parkhaus des Ceasars Palace ist sogar kostenlos. Verdient wird in erster Linie an den einarmigen Banditen. Ich will an dieser Stelle jetzt keinen umweltpolitischen Zeigefinger erheben, aber das einzig Nachhaltige in Vegas ist die Stromverschwendung. Mich wundert nicht, dass diese Stadt den höchsten Energieverbrauch der Welt hat bezogen auf ihre Größe. Angeblich wird mehr Energie verbraucht, als in einzelnen lateinamerikanischen Ländern. Las Vegas scheint nur aus Lichtern, Spielautomaten und Klimaanlagen zu bestehen. Letztere waren allerdings auch segensreich, weil 107 Grad Fahrenheit im Schatten etwa 42 Grad Celsius entsprechen. Schatten gab es nur in den Casinos, da allerdings dann auch gleich gekühlt.
Jeder kann durch jedes Hotel schlendern, sich im klimatisierten Venetian-Innenbereich vom singenden Gondoliere durch die Kanäle schaukeln lassen und auf den angemalten Wolkenhimmel schauen, mit dem Fahrstuhl auf den Eiffelturm fahren, von wo aus man einen prächtigen Blick auf den Strip, die übrigen Stadt und die Wüste drumherum hat, Achterbahn im New York fahren oder die Brunnenspiele des Bellagio bestaunen. Alles geht. Wenn man schon einmal da ist, sollte man vielleicht die Möglichkeit nutzen, eine der Shows anzusehen. Wir haben uns von David Copperfield verzaubern lassen und ich staune immer noch darüber, wie er es geschafft hat, zwölf Menschen von der Bühne verschwinden zu lassen. Einer davon war ein Geburtstagskind in den besten Jahren, das bei uns am Tisch saß. Ich hoffe für seine Frau, dass er wieder aufgetaucht ist.
Ohne großes Bedauern verließen wir nach der zweiten Nacht Las Vegas mit unserem Mietwagen Richtung Salt Lake City. Ziel war der Bryce Canyon, von dem ich bis zu Beginn der Reiseplanung noch nie etwas gehört hatte, der aber im Vorbereitungsmaterial als überaus schön beschrieben wurde. Obwohl die Fahrt nur etwa 4 Stunden dauern sollte, kamen wir erst am späten Nachmittag vor Ort an. Die Mietwagenübergabe hatte sich durch Probleme mit dem Navi etwas verzögert, in Utah war es eine Stunde später als in Nevada und es mussten noch einige organisatorische Dinge wie Einkäufe erledigt werden. Wir beschlossen, den Canyon erst am nächsten Morgen zu besuchen. Unser Hotel lag nur ein paar Kilometer vom Park entfernt.
Am Parkeingang kauften wir am nächsten Morgen eine Jahreskarte für alle amerikanischen Nationalparks, die für ein Auto plus Insassen 80 $ kostete. Man kann auf der entsprechenden Website die Einzelpreise der Parks, die man besuchen möchte, mit diesem Gesamtpaket vergleichen. Für uns hat sich dieser Pass gelohnt. Dann begann ein wirklich zauberhafter Vormittag. Wir fuhren einen Aussichtspunkt nach dem anderen ab, den Rainbow Point, den Ponderosa Point und etliche andere mehr. Natürlich gibt es auch Wanderwege, aber die Punkte liegen relativ weit auseinander. Ich kann an dieser Stelle nur auf Fotos verweisen. Der Bryce Canyon ist einfach unglaublich schön mit seinen hunderten von roten Steinkegeln, eingebettet in eine ohnehin schon bemerkenswerte Berglandschaft. Man befindet sich auf etwa 3000 Meter Höhe (Rainbow Point z.B. 9115 Fuß), atmet kühle, klare Luft und ist selbst an den Aussichtspunkten fast alleine. Es war also das absolute Kontrastprogramm zu Las Vegas. Unsere Kamera-Akkus liefen heiß und an dieser Stelle haben wir unser enges Zeitkorsett zum ersten Mal bedauert. Bei Sonnenaufgang soll der Bryce Canyon am schönsten sein. Es lohnt sich also, hier einen Tag mehr einzuplanen
Wir fuhren in der Mittagszeit knapp drei Stunden zum Lake Powell weiter und buchten im Hotel in Page eine Bootstour über den See und durch den Antilope Canyon. In Page haben wir dann zeitlich einfach nicht mehr durchgeblickt. Page liegt auf der Grenze von Utah und Arizona, die prinzipiell beide der gleichen Zeitzone, der Mountain Time, angehören. Während es in Utah aber eine Sommerzeit gibt, ist das in Arizona nicht der Fall, außer im Navajogebiet. Wo genau ist jetzt aber das Navajogebiet? In Page ist das Durcheinander dann perfekt. Wenn man über den Hoover-Staudamm läuft, befindet man sich nämlich in einer anderen Zeitzone als fünf Minuten vorher. Aber in welcher? Dass wir beinahe unser Boot verpasst hätten, dürfte unter diesen Umständen niemanden wundern. Page ist übrigens eine absolut uninteressante Stadt, die nur der Versorgung der Wassersportler dient. Beim Lake Powell handelt es sich um einen riesigen Stausee, der aus dem Colorado River gespeist wird.
Rund um den Lake Powell sind eine Reihe von Science Fiction Filmen gedreht worden, unter anderem „Planet der Affen“. Das Szenario ähnelt tatsächlich einer Art Marslandschaft. Der rötliche, karge Fels ist aber in Verbindung mit dem türkisblauen Wasser sehr reizvoll. Die Bootstour hat sich also durchaus gelohnt. Besonders der Antilope Canyon bot spektakuläre Farbspiele. Am Abend in Page waren wir froh, auf unsere Kindle zurückgreifen zu können. Ein alternatives Abendprogramm zu finden, wäre hier schwierig geworden.
Die Fahrt zwischen Lake Powell und dem Monument Valley war wieder einmal relativ uninteressant, so wie beinahe alle Tagesetappen außer natürlich an der kalifornischen Küste. Wir hatten den Eindruck, dass wir von Highlight zu Highlight irgendwo durchs Nirgendwo fuhren. Technische Stopps wie Tanken mussten da schon ein bisschen geplant werden, weil es auf einer Etappe von etwa 3 Stunden Dauer in diesem Teil der USA vielleicht gerade mal einen oder zwei Orte gibt, die über so etwas wie eine Tankstelle oder einen Laden verfügen.
Das Monument Valley kündigt sich schon deutlich vor seinem eigentlichen Beginn an. Rote Erde und merkwürdige Steinformationen sollten einen aber noch nicht zu Begeisterungsstürmen verleiten. Ehrlich, es kommt noch viel besser, wenn man erst einmal im Navajo Tribal Park angekommen ist. Ein kleiner Hinweis: Hier gilt der Nationalpark-Pass nicht, weil es sich eben um einen Tribal Park handelt. Wir fuhren zunächst einmal ins Hotel am Eingang des Parks und stellten fest, dass wir von unserem Balkon aus einen sehr schönen Blick auf einige der Felsformationen hatten. Dann erkundigten wir uns nach den Touren. Es gibt ziemlich genau zwei Möglichkeiten: Entweder man fährt eine etwa 17 Meilen lange Rundstrecke selbst oder man vertraut sich einem Jeep an, der die gleiche oder sogar noch eine deutlich längere Strecke fährt. Wir entschieden uns dafür, selbst zu fahren. Für unseren relativ hohen Dodge war das kein großes Problem. Er war nur hinterher nicht mehr schwarz sondern rot. Wer allerdings ein relativ flaches Auto fährt, wird mit dem ersten Teil der roten Sandpiste so seine Schwierigkeiten haben. Da setzt man schon mal auf. Jedenfalls entstiegen wir dem Fahrzeug nach zweieinhalb Stunden frisch und sauber, während die Jeepinsassen farblich unserem Dodge glichen. Erstmals hatte ich Verständnis für den Mundschutz der asiatischen Reisenden.
Die 17 Meilen waren einer der Höhepunkte der ganzen Reise. Hinter jeder Kurve tauchte eine neue spektakuläre Felsformation auf. Und immer wunderte man sich, dass der Marlborough-Mann nicht um die Ecke bog oder wenigsten John Wayne. Zurück im Hotel freuten wir uns auf den Sonnenuntergang hinter den Monolithen und Felsplateaus bei einem Feierabendbier auf dem Balkon. Das Bier muss man sich übrigens mitbringen. Im gesamten Tribal Park gibt es keinen Alkohol. Und es gab auch keinen Sonnenuntergang hinter den Monumenten, weil die genau im Osten lagen. Dafür war dann aber der Sonnenaufgang um so schöner. Und weil wir immer noch nicht so richtig in der amerikanischen Zeit angekommen waren, war das Frühstück um 6 Uhr auf dem Balkon auch kein Problem. Und so waren wir auch früh auf der Piste und sehr gespannt, weil unser nächster Programmpunkt der Grand Canyon sein sollte.
Die rund 250 Kilometer Landstraße hatten wir so schon am Vormittag hinter uns gebracht. Den ersten Blick auf den Canyon warfen wir vom Aussichtspunkt des Desert View Visitor Centers aus und waren schon wieder total beeindruckt. Er ist nicht nur groß dieser Canyon, er ist auch ziemlich attraktiv und zwar leider nicht nur für uns. Während wir am Bryce Canyon und dem Lake Powell ziemlich allein auf weiter Flur waren, knubbelten sich hier doch die Touristen an den Aussichtspunkten. Ohne ein paar Zahlen kann man sich diese Erdspalte nicht wirklich vorstellen. Sie ist 433 Kilometer lang, durchschnittlich 1600 Meter tief und 16 Kilometer breit. Unten fließt ein mittlerweile alter Bekannter, der Colorado River. Angesichts dieser Ausmaße versteht man die liebenswerte Gigantomanie einiger Amerikaner: The Greatest, the Deepest, the Oldest....
Wir klapperten also wieder mal die Aussichtspunkte ab und hatten schon ziemlich viel gesehen, als wir unser Etappenziel Grand Canyon Village erreichten. Es gibt dort ein paar Hotels und Dependancen, die größtenteils direkt am Rim, also am Rand des Canyons liegen. Das mit Abstand schönste davon ist das altehrwürdige El Tovar. Leider war dies eines der Hotels, die schon sechs Monate vor unserer Reise ausgebucht waren. Wir wohnten daher in einer der Dependancen und zwar für zwei Nächte. Das bot uns erstmals auf dieser Reise die Möglichkeit, auch einmal Luft zu holen und nicht nur von Attraktion zu Attraktion zu hetzen. Es war richtig schön, sich auf eine Bank vor dem Hotel zu setzen und den Blick zwischen Canyon und Kindle hin und her schweifen zu lassen.
Am nächsten Morgen nahmen wir einen der kostenlosen – oder besser gesagt im Parkeintritt enthaltenen – Busse in Richtung Hermits Rest. Der Bus hält an einer Reihe von Aussichtspunkten und zehn Minuten später wird man vom nächsten wieder eingesammelt. Manche Punkte liegen auch so nah beieinander, dass man durchaus laufen kann. So eindrucksvoll auch jeder einzelne View ist, spätestens nach dem fünften Stopp stellt sich auch hier eine gewisse Gewöhnung ein. Mit dem Auto durfte man diese Tour zumindest zu dieser Jahreszeit nicht machen. Die Bustour dauert etwa einen halben Tag.
Abenteuerlustigeren und schwindelfreien Menschen stehen natürlich noch ganz andere Optionen zur Verfügung. Es gibt Pfade, auf denen man in den Abgrund klettern kann und es werden zum Beispiel Kajaktouren auf dem Colorado River angeboten. Wir entschieden uns altersgemäß für die Busvariante und für einen weiteren ruhigen Nachmittag.
Am nächsten Tag fuhren wir wieder nach Las Vegas, einfach deshalb, weil es auf unserer Strecke lag. Die Temperaturen hatten sich nicht geändert, also ließen wir es auch an diesem Tag wieder ruhig angehen und starteten nach einer Übernachtung und dem ersten deutschen WM-Spiel im US-Sport-TV auf unsere nächste Etappe.
Unsere bisherige Runde hatten wir östlich von Las Vegas gedreht. Jetzt ging es Richtung Westen. Das Death Valley ist gut zwei Stunden von Las Vegas entfernt. Im Valley liegt der tiefste Punkt der Vereinigten Staaten (the Deepest), das Badwater Basin, etwa 85 Meter unter dem Meeresspiegel. Death Valley liegt in der Mojavewüste und ist eine der trockensten und heißesten Gegenden der Erde. Aber wir waren die Temperaturen ja schon aus Vegas gewöhnt, dachten wir jedenfalls. Zumindest an dem Tag, an dem wir das Valley besucht haben, ging ein so starker Wind, dass wir Probleme beim Öffnen der Autotüren hatten. Stand man an einem der Aussichtspunkte, fühlte man sich wie unter einem Ganzkörperfön. Wir haben an diesem Tag das Auto wirklich nur verlassen, um schnell ein paar Fotos zu machen oder zu filmen. Länger als ein paar Minuten haben wir es nicht draußen ausgehalten. Absolut lohnend sind der Zabriskie Point, Dante’s View und auch die Salzwüste rund um das Badwater Basin. Man sieht Sanddünen, Felsen, kargste Landschaften und riesige Salzflächen. Es ist nicht gerade viel los im Death Valley, und das ist auch gut so, weil man ja schließlich nicht Kolonne durch die Wüste fahren will, aber es ist in dieser Einsamkeit auch ganz beruhigend, wenn einem alle paar Meilen mal das eine oder andere Fahrzeug begegnet. Übernachtet haben wir in Furnace Creek, mitten im Valley in einer Art Hoteloase.
Die Strecke zwischen Death Valley und dem Sequoia Nationalpark war ein wenig frustrierend. Für die rund 80 Meilen Luftlinie haben wir sieben Stunden gebraucht. Man muss einen riesigen Umweg rund um einen Gebirgszug fahren. Der erste Teil führt noch durchs Death Valley und ist in seiner Kargheit schon wieder kurzweilig. Die restliche Strecke vor und hinter Bakersfield muss einfach bewältigt werden. Der Sequoia Nationalpark führt einen Besucher, der aus dem Death Valley kommt, innerhalb dieses Fahrtages in eine andere Welt. Alles ist grün und frisch. Ich kam mir vor wie im Hochschwarzwald. Serpentinen führen einen durch gebirgige Nadelwälder zu fantastischen Aussichtspunkten. Aber dann ist es doch ganz anders als in Baden Württemberg. Überall wird davor gewarnt, Lebensmittel herumliegen zu lassen, an denen sich die Bären vergiften könnten. Die Hauptattraktion des Nationalparks sind die Mammutbäume, die über 80 Meter hoch werden können und einen Durchmesser von mehr als zehn Metern haben, jedenfalls die größeren.
Der angeblich größte Baum der Welt (the Greatest) heißt General Sherman. Den wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, auch dann noch nicht, als etwa 700 Meter vom Baum entfernt der Fußweg begann. Was sind schon 700 Meter? Die Warnschilder, auf denen stand, dass es ziemlich steil nach unten ginge, beachteten wir nicht. Schließlich gab es jede Menge Touristen, die uns entgegenkamen. Allerdings sahen die alle ziemlich angestrengt aus. Wir auf dem Rückweg übrigens auch. Die 700 Meter haben es nämlich in sich. Wer bequemer einen auch extrem beeindruckenden Mammutbaum erleben möchte, dem sei der deutlich seniorenfreundlichere General Grant ans Herz gelegt, dem wir am nächsten Morgen einen Besuch abstatteten.
Auf dem Weg dahin sind wir tatsächlich einem Bären begegnet. Es gibt sie also nicht nur auf den Hinweisschildern. Natürlich hatte der sich bereits wieder ins Unterholz verzogen, als wir endlich unsere Kameras hervorgekramt hatten.
Nach der Visite bei General Grant machten wir uns auf den Weg zum nächsten Nationalpark, dem Yosemite. Während unseres Aufenthaltes im Yosemite-Park hatten wir übrigens weder irgendein Telefonnetz noch gab es im Hotel bezahlbares WLAN.
Die Fahrzeit war mit vier Stunden wieder angenehmer als am Vortag. Erinnerte mich der Sequoia Park ein bisschen an den Schwarzwald, so waren es hier eher die Alpen. Der Yosemite Park ist deutlich schroffer und felsiger als Sequoia. Es gibt einige Wasserfälle, die aber zu dieser Jahreszeit nicht sehr beeindruckend waren. Man hatte eher das Gefühl, dass es sich um eine Art Wasserstaub handelte, der vom Wind auch noch weggeweht wurde.
Sehr fotogen ist der Half Dome, eine halbrunde Felskuppe, die besonders vom Glacier Point aus sehr gut zu sehen ist. Insgesamt muss ich allerdings feststellen, dass sich sowohl Sequoia und mehr noch Yosemite dem Autoreisenden nicht so richtig erschließen. Diese beiden Nationalparks muss man wahrscheinlich erwandern. Es mag aber auch sein, dass sich der Gewöhnungseffekt, der sich beim x-ten Aussichtspunkt des Grand Canyon einstellte, jetzt auch im größeren Rahmen beim mittlerweile siebten Nationalpark ergab. Jedenfalls freuten wir uns jetzt auf ein Alternativprogramm, auf eine der schönsten Städte der Welt.
San Francisco war der einzige Ort dieser Reise, den wir schon kannten. Die Stadt hatte uns schon vor acht Jahren unglaublich gut gefallen. Unser Hotel lag in Fisherman’s Wharf, weil wir damals und auch jetzt wieder fanden, dass hier „the place to be“ ist. Man ist direkt am Hafen und findet dort nette Lokale, die Piers, den Startpunkt von Aussichtsbooten und Sightseeing-Bussen, kurz alles, was das touristische Herz begehrt. Wir gaben unseren ersten Mietwagen ab. Die Station lag praktischerweise unmittelbar gegenüber dem Hotel. Danach machten wir uns auf die Socken, um den Seelöwen an Pier 39 Hallo zu sagen.
Wir hatten auch hier wieder strahlend blauen Himmel und Sonnenschein, aber es war deutlich kühler als bisher auf der Reise, nur noch so um die 20 Grad Celsius. Zum Glück hatten wir in den drei Tagen unseres Aufenthaltes ausgesprochen gute Sicht. Sehr häufig hängt über der Bucht von San Francisco Dunst. An diesem Abend spazierten wir nur noch zum Pier 39, wo zwei Jungs auf Einrädern mit Messern jonglierten und allgemeine Kirmesatmosphäre herrscht. Anschließend aßen wir eine Clam Chowder und waren damit in San Francisco angekommen. Die Clam Chowder ist eine dickflüssige gebundene Muschel-Kartoffelsuppe, die in einem ausgehöhlten Brot serviert wird. Man sollte sich diese Spezialität nicht entgehen lassen. Es gibt sie in San Francisco an jeder Ecke in mehr oder minder guter Qualität.
Auch am nächsten Morgen lachte die Sonne. Wir beschlossen, unsere Erinnerungen mit einer Sightseeing-Tour durch die Stadt aufzufrischen. Wir wählten diejenige der Hop-on- hop-off-Touren aus, die auch eine Nachttour anbot, die aber nicht in der Innenstadt, sondern in der Nähe unseres Hotels startete. Wir drehten eine komplette Runde auf dem oberen Busdeck und machten die Erfahrung, dass man durchaus frieren und sich gleichzeitig einen Sonnenbrand holen kann.
Der Bus fuhr durch die Innenstadt, am Union Square vorbei und hatte auch einen Stopp in der Nähe der Painted Ladies. Das ist eine pittoreske viktorianische Häuserzeile, angemalt in verschiedenen Pastelltönen. Wir kannten die Ladies bereits und stiegen daher diesmal hier nicht aus. Highlight der Tour war eine Fahrt über die Golden Gate Bridge. Auf der anderen Brückenseite hätten wir in einen anderen Bus umsteigen können, der uns nach Sausolito gebracht hätte, einen netten, kleinen Küstenort an der San Francisco Bay gegenüber der Stadt. Aber auch Sausolito hatten wir bereits 2006 einen Besuch abgestattet. Daher fuhren wir ohne Aufenthalt zurück und waren gegen Mittag wieder an Fisherman’s Wharf. Weil Wetter und Sicht so schön waren, machten wir nachmittags die wunderschöne Bridge-to-Bridge-Tour mit der Harbour Princess, einem Boot der rot-weißen Flotte. Es ging an der Skyline entlang bis hinter die Golden Gate Bridge. Dann drehte das Boot, fuhr dicht an der ehemaligen Gefängnisinsel Alcatraz vorbei und unterquerte letztlich die Baybridge, die die Städte San Francisco und Oakland miteinander verbindet. Die Brücke ist zweigeschossig. Man fährt auf der unteren Ebene Richtung Oakland und auf der Etage darüber zurück nach San Francisco.
Das taten wir abends bei der so genannten Nachttour des Sightseeing-Busses, die aber jahreszeitlich bedingt (20.Juni) zu einer Sonnenuntergangstour mutierte. Egal, auch der Sonnenuntergang hinter der Skyline von San Francisco war absolut lohnend.
Der nächste Tag begann wie die anderen im dänischen Café direkt neben dem Hotel, einer überaus willkommenen Abwechslung zum von uns nicht gerade geschätzten typischen amerikanischen Frühstück (Bagel, Frischkäse, Muffin und mit viel Glück Pancakes). Den Morgen verbrachten wir mit einem Bummel durch Fisherman’s Wharf nicht weit vom Hotel entfernt, um nur ja nicht das zweite deutsche WM-Spiel mittags um 12 zu verpassen. Für den Nachmittag hatten wir uns ein Eis bei Ghirardelli und eine Fahrt mit der Cable Car vorgenommen.
Ghirardelli ist eine zu Recht bekannte Schokoladenfabrik, die am Ghirardelli Square liegt, am Rande von Fisherman’s Wharf. Nicht nur die Schokolade sondern auch das Eis hat einen absolut berechtigt exzellenten Ruf. Jede einzelne Kalorie lohnt sich! In unmittelbarer Nachbarschaft des Ladens liegt auch die Endhaltestelle einer der Cable Car Linien. Wir hatten das Pech, dass diese Linie an diesem Tag aus welchen Gründen auch immer nicht fuhr. Um die Touristen nicht zu enttäuschen, gab es jedoch einen kostenlosen Bus-Shuttle in die Stadt zu einer der anderen Linien, mit der man zurück zur Wharf fahren konnte. Es handelte sich um die mit Abstand witzigste Stadtrundfahrt dieser Tage, was an einem älteren Cable-Car Mitarbeiter lag, der noch ungefähr zwei Zähne im Mund hatte und sich als „your free tourguide“ vorstellte. Das vermeintliche Pech hatte sich durch ihn in puren Spaß verwandelt.
Wir haben ungefähr eine Dreiviertelstunde in einer Schlange gestanden, bis wir dann eine Cable Car erwischten und die wirklich steilen Straßen von San Francisco wieder runter zum Hafen fuhren.
San Francisco gehört für mich zu den Städten, in die ich immer wieder fahren möchte, Die Bay, die Brücken, der Hafen, die Seelöwen, die Skyline, die Straßenmusiker, die Clam Chowder, es ist all das, aber das ist es nicht allein, es ist ein irgendwie nicht greifbares Gefühl, das einem sagt: Lets go to San Francisco...
Alle Leute, die ich kenne, die schon einmal in Vancouver waren, haben ein gewisses Leuchten in den Augen, wenn sie von dieser Stadt erzählen und nachdem jemand in diesem Zusammenhang etwas von der schönsten Stadt der Welt gemurmelt hatte, wollte ich unbedingt dort hin. Von San Francisco aus fliegt man ungefähr zwei Stunden nach Norden, bis man in der größten Stadt British Columbias ankommt. Vancouver lag also nicht gerade direkt auf unserer Route, aber mit ein bisschen gutem Willen ließ sich dieser Abstecher nach Kanada einplanen.
Am frühen Nachmittag waren wir in unserem Hotel an der Burrard Street, nicht weit entfernt vom Convention Center. Das war auch unsere erste Anlaufstelle. Einige Kreuzfahrer lagen im Hafen und ein Wasserflugzeug nach dem anderen startete und landete. Noch war der Himmel blau, wie schon die ganze Reise über. So ließen wir es langsam angehen und verschoben die touristischen Aktivitäten auf den folgenden Tag. Das war ein Fehler.
Am nächsten Morgen war es grau und es regnete immer wieder zwischendurch. Aber weil wir im Grunde nur diesen einen Tag in Vancouver hatten, blieb uns nichts anderes übrig, als das Wetter zu ignorieren. Wir machten erst einmal die obligatorische Stadtrundfahrt, die wir im riesigen Stanley Park unterbrachen, um dort eine Extrarunde mit einem anderen Bus zu drehen. Ich war erstaunt darüber, wie wenig mich von dieser zweifellos sehr netten, grünen Stadt erreichte, was sicherlich nicht zuletzt am schlechten Wetter lag, Aber die schönste Stadt der Welt? Man staunt, wie subjektiv so eine Betrachtungsweise ist.
Nachmittags nahmen wir den kostenlosen Shuttlebus zur Talstation des Skyrides, einer Seilbahn, die uns auf den Grouse Mountain brachte. Von hier hat man einen fantastischen Blick auf Vancouver, vorausgesetzt es ist nicht so grau und dunstig wie an unserem Tag. Man sollte den nicht gerade preiswerten Skyride wirklich nur bei schönem Wetter machen. Sonst lohnt es sich einfach nicht. Wir haben oben auf dem Berg noch eine Lumberjack-Show gesehen, die ganz amüsant war, sich aber offenbar seit mindestens drei Jahren nur in Nuancen geändert hat. Für Schwindelfreie gibt es noch die Capilano Suspension Bridge, eine 137 Meter lange und 70 Meter hohe Hängebrücke.
Die für den nächsten Morgen geplante Hafenrundfahrt musste leider ausfallen, weil das Boot nicht vor 11 Uhr startete. Damit hätten wir den Rückflug nach San Francisco nicht mehr geschafft. So schlenderten wir also stattdessen noch ein wenig durch den historischen Stadtteil Gastown und betrachteten das Denkmal vom Namensgeber Gassy Jack, einem der Gründer Vancouvers. Leider hielt sich das schlechte Wetter und so waren wir nicht unglücklich darüber, wieder in die USA einzureisen, denn wie jeder weiß „it never rains in Southern California“
Wir flogen zurück nach San Francisco und stellten am Flughafen den einzigen gravierenden Planungsfehler der Reise fest: Unsere wirklich großen Koffer passten nicht in das bestellte Cabrio, mit dem wir den Highway 1 entlang fahren wollten. Pech, aber nicht zu ändern. Die Mietwagenfirma nahm einen Tausch vor und nachdem auch das defekte Navi gewechselt worden war, konnten wir endlich zu unserem Tagesziel Monterey aufbrechen. Die Autobahn war voll und die Strecke zog sich. Wir waren sehr froh, als wir glücklich gegen 21 Uhr das Hotel in Monterey erreichten. Leider haben wir vom Ort wegen der späten Ankunftszeit nicht mehr viel gesehen, aber auch der nächste Morgen brachte nur die Erkenntnis, dass es sich um einen netten aber nicht sehr aufregenden Badeort handelt.
An diesem Tag war eindeutig der Weg das Ziel. Der Highway 1 zwischen Monterey und Santa Barbara gehört mit zu den schönsten Routen der Welt und ist vergleichbar mit der Great Ocean Road, der Kaphalbinsel oder der Küstenstraße bei Amalfi.
Das gute Wetter hatte uns in den USA wieder in Empfang genommen. Trotz Sonnenscheins gab es allerdings Wolkenformationen, die so tief hingen, dass sie fast das Meer berührten. Das ergab spannende Fotos. Wir ließen uns den ganzen Tag über treiben und fuhren gemütlich die Küste entlang. Die erste Strecke war steil und kurvig. Je näher wir Santa Barbara kamen, desto flacher wurde es. Ein Strand ging in den nächsten über. Viele Wohnmobile standen am Meer und alle paar Meilen gab es eine Surfer-Basis.
An einem Aussichtspunkt standen etwa 50 Autos, was auch uns natürlich zu einem Stopp veranlasste. Irgendetwas musste da ja sein. Und so war es auch. In der Bucht lagen hunderte von Seelöwen und ließen sich die Sonne aufs Fell scheinen.
Santa Barbara erwies sich als netter, aber wenig spektakulärer Badeort, bestehend praktisch nur aus der langgezogenen Strandpromenade und ein paar Straßen, die davon abgehen. Der Ort wird dominiert von einem sehr hübschen Pier, der noch deutlich gewinnen würde, wenn er autofrei wäre. Auf dem Pier befinden sich Läden und Restaurants in Holzhäusern, die ein bisschen an die Neuengland-Architektur erinnern. Unser Hotel lag am Ortsausgang direkt am Meer. Wir haben uns in Santa Barbara wohlgefühlt und wären gern noch ein paar Tage am Strand geblieben.
Die Strecke zwischen Santa Barbara und Los Angeles ist deutlich weniger spektakulär als die, die wir am Vortag gefahren waren. Die Autobahn liegt direkt an der Küste. Und die Bebauung ist wesentlich dichter. Spätestens in Malibu wird klar, dass man sich bereits im Dunstkreis von Los Angeles befindet. Die Villen werden größer, schöner und luxuriöser, wobei ich sicher bin, dass die wirklich schönen nicht unbedingt von der Straße aus einsehbar sind.
Irgendwann kommt man nach Santa Monica, einem der „Hausstrände“ von Los Angeles. Auch hier gibt es natürlich einen Pier, den man besuchen kann, nachdem man sein Auto für einen exorbitant hohen Preis auf dem daneben gelegenen Parkplatz abgestellt hat. Der Pier ist eine deutlich größere Ausgabe der kleinen Geschwister in Brighton oder Blackpool. Es gibt einen Vergnügungspark mit Achterbahn, Karussells und allen möglichen Fahrgeschäften. Natürlich darf eine ziemlich große Spielhalle nicht fehlen. Und Imbissbuden gibt es satt. Ein großes Schild weist den Besucher darauf hin, dass es sich beim Pier um den Endpunkt der legendären Route 66 handelt, die in Chicago beginnt und dann quer durchs Land verläuft. Wir hatten sie schon einmal – ich glaube in Arizona – gekreuzt.
Nach Fish’n Chips auf dem Pier bestiegen wir wieder das Auto, um die letzten Meilen nach Hollywood zu fahren. Unterwegs hofften wir hinter jeder Kurve darauf, das große Hollywood-Schild irgendwo zu entdecken. Fehlanzeige. Wir machten einen kleinen Umweg und kurvten durch Beverly Hills, wo man ein paar wirklich nette Villen erahnte und etliche Grundstücke, von denen man nur Mauern, Tore, Einfahrten und hohe Hecken sehen konnte. In der Stadt werden übrigens Celebrity-Homes-Touren angeboten, bei denen man durch Beverly und die Hollywood Hills kutschiert wird und erklärt bekommt, dass hinter dieser Hecke Halle Berry und hinter jener Mauer Keanu Reeves wohnt. Es wurden sogar entsprechende Stadtpläne mit allen Promi-Häusern angeboten. Wir suchten weiter verbissen nach den großen Hollywood-Buchstaben. Blöd, wenn man auf WLAN angewiesen ist und unterwegs nicht mal schnell den Standort googeln kann.
Irgendwann gaben wir auf und fuhren zu unserem Hotel, das direkt am Hollywood Boulevard gegenüber vom Chinese Theatre lag. Der Standort war zwar teuer, aber optimal. Direkt vor der Hoteltür lag der Walk of Fame. Mit dem Blick nach unten gerichtet entdeckt man jede Menge Lieblingsschauspieler, Regisseure, Musiker, kurz jeden, der in der Unterhaltungsbranche Rang und Namen hat. Am Chinese Theatre sind dann auch die bekannten Fuß- und Handabdrücke einiger Stars. Dazwischen stehen Batman, Shrek, mindestens fünf Marylin Monroes und Dark Vaders, bereit, sich mit jedem fotografieren zu lassen, der das möchte.
Der nächste Tag war mal wieder den Stadtrundfahrten gewidmet. Wir ließen uns zunächst bei der Hollywood-Tour und dann bei der Downtown-Variante im offenen Doppeldecker von der kräftig scheinenden Sonne rösten. Natürlich kamen wir mindestens zehnmal an Punkten vorbei, von denen aus man das Hollywood-Schild sehen konnte.
Bei mir reifte an diesem Tag die Erkenntnis, dass es im Gegensatz zu San Francisco bei einem einmaligen Besuch in Los Angeles bleiben dürfte. Vielleicht liegt es daran, dass es mich einfach nicht interessiert, in welchem Laden auf dem Rodeo Drive Julia Roberts ihre Handtaschen kauft oder in welcher Bar früher Heidi Klum verkehrte. Los Angeles selbst bietet weder städtebaulich noch von der Lage her die großen Aha-Effekte.
Was allerdings lohnen sollte, so hatte man uns gesagt, sei ein Besuch der Universal Studios. Und das stimmt auch. Man zahlt pro Person zwar inklusive Parkplatz mehr als 100 Dollar, aber besonders die Studio-Tour hat uns sehr gut gefallen. Die Universal Studios kann man sich wie einen Vergnügungspark in der Phantasialand-Größenordnung vorstellen. Es gibt alle möglichen filmthemenbezogenen Attraktionen wie 4D-Kinos und Achterbahnen und eben die Studiotour. Man fährt mit offenen Bussen durch Filmkulissen und Studios, erlebt ein Erdbeben in einer U-Bahnstation in San Francisco, wird von King Kong vor Dinosauriern gerettet und kommt just in dem Moment an Bates Motel vorbei, als der Protagonist Norman die weibliche Leiche im Kofferraum verstaut. Für mich war das Highlight eine Fahrt durch die Wisteria Lane, wo mir jedes Haus sehr vertraut war. Ein kleiner Tipp: Wenn man es bei der Planung berücksichtigen kann, sollte man die Studios nicht gerade am Wochenende besuchen. Wir waren samstags da und haben uns ab mittags durch die Menschenmassen gequält.
Irgendwann wurde es so voll, dass wir die Lust verloren und nach Anaheim weiterfuhren. Dort stand der nächste Freizeitpark auf dem Programm: Disneyland. Wir hatten für zwei Nächte ein Hotel gebucht, zehn Minuten zu Fuß vom Parkeingang entfernt. Es handelte sich um die preiswerteste Unterkunft der ganzen Reise, die aber alle unsere Wünsche erfüllte. Das beste am Zimmer war ein Balkon genau in Richtung des Parks, von dem aus wir an zwei Abenden hintereinander ein prächtiges Feuerwerk verfolgen konnten.
Die Erkenntnisse des Vortags führten an diesem Sonntag dazu, dass wir bereits um 8.50 Uhr , also zehn Minuten vor dem Einlass am Parkeingang standen. Wir hatten uns nach längerer Internetrecherche des Vorabends dazu entschieden, uns auf einen der beiden Parks zu beschränken, nämlich auf das eigentliche Disneyland Resort. Es gibt noch einen zweiten Park namens California Adventure direkt daneben. Man hatte uns an der Hotelrezeption dringend davon abgeraten, ein Kombiticket für beide Parks an einem Tag zu kaufen. Und es stimmt. Das schafft man einfach nicht.
Wer Disneyland Paris kennt, der kommt auch ohne Plan im Resort in Anaheim zurecht. Die kalifornische Mutter, Jahrgang 1955 sieht ihrer Pariser Tochter (1992) extrem ähnlich, wenn sie auch schon etwas in die Jahre gekommen ist. Aber von der Big Thunder Mountain über die Piraten der Karibik, von den Teetassen bis zur Small World, selbst die Musik ist über die Kontinente hinweg gleich. Im Park war es übrigens deutlich leerer als in den Universal Studios.
Unsere letzte kurze Etappe mit dem Mietwagen von Anaheim nach San Diego führte über die direkt am Meer gelegene Autobahn. Mehr lässt sich darüber auch kaum sagen. Unser Hotel in San Diego lag neben dem Convention Center am Wasser und das Zimmer war erfreulich früh bezugsfertig. Wieder einmal stand nämlich mittags ein Spiel der Nationalelf an. Die sich ergebende Verlängerung verkürzte zwangsläufig unseren Zeitrahmen für San Diego. Wir spazierten am Wasser entlang und entdeckten zufällig eine kleine Personenfähre, die gerade angelegt hatte. Kurz entschlossen lösten wir Tickets nach Coronado, einer Halbinsel zwischen Pazifik und San Diego Bay gelegen.
Von Coronado aus hat man einen sehr schönen Blick auf die San Diego-Skyline. Nette Häuser, kleine Läden und Cafés laden dort zum Bummeln ein, bis man dann mit dem Wassertaxi wieder zurück fährt.
Das Gaslamp Quarter war auch nur ungefähr zehn Minuten vom Hotel entfernt. Dabei handelt es sich um den historischen Stadtkern von San Diego, prall gefüllt mit Restaurants, Bars und Läden. Wir aßen in der Spaghetti Factory ein Drei-Gänge-Menu (Salat, Nudeln, Eis) für ungefähr zehn Euro und bedauerten, dass unser letzter Abend in Kalifornien sich dem Ende zuneigte.
Der nächste Tag war einer dieser blöden Transfertage. Wir packten wieder einmal das Gepäck vom Mietwagen- in den Flugmodus um, fuhren zum Flughafen, gaben das Auto ab und flogen über Denver nach Rapid City, South Dakota. Gegen 16.30 Uhr standen wir dann irgendwo im Nirgendwo am kleinen Regionalflughafen, der auch noch einige Meilen von der 68.000 Einwohner großen Metropole entfernt ist. Und kein Taxi weit und breit.
Es gab jedoch im Flughafen noch einen besetzten Schalter, an dem wir uns erkundigten, wie man denn am besten in den Ort käme. Und siehe da: Von uns unbemerkt hatte die ganze Zeit vor dem Flughafen ein Minibus geparkt, der alle Interessenten kostenlos zu ihren Hotels shuttelte.
Rapid City ist die zweitgrößte Stadt South Dakotas und ein echtes Zentrum, weil die auf dem Land wohnenden Bürger zwangsläufig bis zu 200 Kilometer weit fahren müssen, um zum Beispiel einen Spezialarzt aufzusuchen oder ein Paar Schuhe zu kaufen. Rapid City ist eine amerikanische Kleinstadt wie aus dem Bilderbuch. Sie verfügt über dreispurige Einbahnstraßen und nennt sich President-City, einmal, weil sie der Ausgangspunkt für die Touren zum Mount Rushmore ist, was natürlich auch der Grund war, warum es uns ausgerechnet nach South Dakota verschlagen hatte. Eine weitere Attraktion sind lebensgroße Bronzestatuen sämtlicher amerikanischer Präsidenten, die an den Straßenecken der Innenstadt stehen.
Für den nächsten Tag hatten wir eine Tour zum Mount Rushmore gebucht. Anstelle des erwarteten Busses wurden wir mit einem Auto abgeholt. Wir waren an diesem Tag die einzigen Besucher, die das Monument bei dieser speziellen Firma gebucht hatten und so kamen wir in den Genuss einer Privatführung durch einen netten amerikanischen Rentner, der sich auf diese Weise ein paar Dollar dazu verdiente.
Im Mount Rushmore-Visitor Center gibt es neben einem Museum und einem Kino, in dem ein Film über die Entstehung des Denkmals läuft, eine Art Amphitheater. Dort fand gerade eine Einbürgerungsfeier neuer US-Bürger statt, die alle Klischees erfüllte. Schulkinder lasen Aufsätze vor zum Thema „Warum Amerika das schönste Land der Welt ist“, ein Chor intonierte „America, America...“ und frisch gebackene überwiegend asiatisch aussehende Amerikaner hielten stolz ihre Urkunden in den Händen.
Und über all dem wachten Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln (von links nach rechts). Mount Rushmore ist wirklich schwierig zu erreichen und liegt so gar nicht auf einer der handelsüblichen US-Rundfahrtrouten. Aber es ist großartig und ich bin froh, dass wir uns die Zeit dafür genommen haben.
Nachdem wir die vier Präsidenten aus allen nur möglichen Blickwinkeln fotografiert und gefilmt hatten, nahmen wir bedauernd wieder von ihnen Abschied und fuhren ein paar Kilometer weiter, um Crazy Horse unsere Aufwartung zu machen. Eine Familie namens Ziolkowski – Vater, Mutter und ungefähr zehn Kinder – hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, einen Kontrapunkt zum Mount Rushmore zu setzen und ist seit etlichen Jahren dabei, ein noch viel größeres Reiterstandbild des Indianerhäuptlings aus dem Fels zu sprengen. Momentan sieht man nur Crazy Horses Kopf und den ausgestreckten Arm. Mittlerweile sind die Eltern Ziolkowski verstorben, aber ein Teil der Kinder führt ihr Lebenswerk fort. Die Aktion wird ausschließlich aus Spenden und Eintrittsgeldern finanziert. Wenn ich mir das Modell insbesondere des Pferdes in Erinnerung rufe, bin ich eigentlich recht erleichtert, dass das Denkmal zu meinen Lebzeiten sicher nicht mehr fertig wird.
An diesem Abend saßen wir zufrieden auf der Dachterrasse unseres Hotels, schauten auf das unspektakuläre aber wirklich nette Rapid City und bekamen eine leise Vorstellung davon, wieso unser Guide so gern in diesem grünen South Dakota wohnt, „in the Middle of Nowhere“, wie er selbst sagte.
In aller Herrgottsfrühe wurden wir zum Flughafen zurückgeshuttelt und flogen nach Chicago, der letzten Station unserer Reise. Unser Hotel lag in der Nähe vom Chicago River und auch nicht weit entfernt vom Michigan See, also ziemlich zentral. Wenn wir nur eine kurze Stippvisite in einer Stadt machen, versuchen wir eigentlich immer, sie erst einmal per Bus zu erkunden, um uns einen Überblick zu verschaffen. Und so zockelten wir auch hier mit einem offenen Doppeldecker durch die Straßen und stellten auf Anhieb fest, dass keines der Hochhäuser einem anderen glich. Jedes zweite scheint irgendeinen Architekturwettbewerb gewonnen zu haben, so zum Beispiel auch unser Hotel, an dem unregelmäßige wellenförmige Balkone den Eindruck von Wasser vermitteln sollen. Neben der schönen Architektur ist es die Lage, die Chicago attraktiver als vergleichbar große Städte macht. Die Skyline vom Michigan See aus ist atemberaubend. Rund um die Innenstadt führt die Hochbahn, die mir aus alten Gangsterfilmen vertraut war, und die Loop genannt wird.
Wir unterbrachen unsere Stadtrundfahrt am Watertower Center, einer riesigen Mall, um dort die Präsente für die Daheimgebliebenen zu erstehen. Wir hatten diese Aktion bislang verdrängt, aber nun wurde es langsam Zeit. Das Watertower Center mit seinen hunderten von Läden erwies sich hierfür als durchaus geeignet. Überhaupt Shopping: Ein Teil der North Michigan Avenue gilt als „Magnificent Mile“. Da bekommt man andere Schuhe als in Rapid City.
Am frühen Abend bestiegen wir eines der Boote am Chicago River und machten eine kombinierte Fluss- und Seerundfahrt. Zunächst ging es den Fluss entlang, von dem aus man Wolkenkratzer unter anderen von Mies van der Rohe bestaunen konnte oder den Merchandise Mart, ein Haus, das so groß ist, dass es seine eigene Postleitzahl hat.
Durch eine Schleuse fuhren wir auf den Lake Michigan und sahen Chicago in der Abendsonne. Einfach schön.
Rein zufällig gerieten wir auf dem Heimweg in eine der bekannten Pizzerien der Stadt namens Giordano’s. Der Hunger kommt spätestens mit der langen Wartezeit draußen vor der Tür, bis man endlich einen Platz hat. Hunger sollte man allerdings auch mitbringen. Die typische Chicago Pizza hat einen mindestens fünf Zentimeter hohen Rand und sieht aus wie ein deutscher Käsekuchen. Sie ist sehr gehaltvoll und wird meist für einen ganzen Tisch bestellt.
Am nächsten Tag, dem 4. Juli, besichtigten wir als erstes im Millenium Park „the Bean“, eine sehr große Bohne aus Edelstahl, in der man sich nicht nur selbst verzerrt spiegelt, sondern auch die Skyline zu sehen ist. Diese Skulptur hat etwas Faszinierendes, weil sie von jeder Seite und sogar von unten völlig neue Ein- und Ausblicke bietet. Außer uns waren noch jede Menge rot-weiß-blau gekleideter Menschen in der Stadt. Es wimmelte von Stars and Stripes.
Nach einem wieder einmal gewonnenen Fußballspiel machten wir uns auf zum Willis Tower, dem höchsten Gebäude Chicagos, um von der Aussichtsplattform von oben auf die Stadt schauen zu können. Der Wolkenkratzer wurde in den siebziger Jahren gebaut und war damals mit seinen 108 Stockwerken und 442 Metern das höchste Haus der Welt. Bis zu seinem Verkauf vor ein paar Jahren hieß es Sears Tower. Bei den Bürgern von Chicago heißt es immer noch so.
Die Hürde war diesmal nicht der mit 19 Dollar geradezu moderate Eintrittspreis, sondern die Schlange an diesem Feiertag. Die komplette Aktion dauerte zwei Stunden. Davon waren wir etwa eine Viertelstunde auf der Plattform. Und es hat sich trotzdem gelohnt. Für besonders Schwindelfreie gibt es Stellen mit Glasfußboden, auf denen man über der Stadt schwebt.
Die so von uns nicht eingeplante lange Wartezeit führte dazu, dass wir erst aus dem Tower kamen, als keine Sightseeing-Busse mehr fuhren. Das brachte uns einen langen, aber schönen Spaziergang durch die Innenstadt ein. Immerhin waren wir rechtzeitig zum Feuerwerk in der Nähe unseres Hotels an einer Stelle, an der wir es wunderbar sehen konnten. Wir, das waren schon ein paar Tausend Leute, teilweise ausgerüstet mit Klappstühlen und rot-weiß-blauer Dekoration. Für uns war es der großartige Abschluss einer unserer schönsten Reisen.
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